Nachhaltig?

Veröffentlicht am 29. November 2022 um 12:03

Als Schulkind wird man ja ständig mit was Neuem konfrontiert. Dinge, die nicht mal die Erwachsenen wirklich kapieren. Wir sollen das aber immer sofort checken und umsetzen. So wie die Sache mit der Nachhaltigkeit.

Unsere Lehrerin, die Frau Müller redet viel. Vor allem redet sie immer und immer wieder von dieser Nachhaltigkeit. Sie redet sooft von ihr, dass ich mir nicht sicher bin, ob Frau Müller eine Influencerin ist. Könnte ja sein, dass sie von wem Geld dafür bekommt, dass sie uns ständig was von dieser Nachhaltigkeit erzählt. Wir sollen unser Znüni nicht in einer Alufolie, sondern in einer Znüni-Box mitbringen. Das sei Nachhaltig. Ich fragte sie dann, ob Plastik nachhaltig sei, was sie verneinte. Meine Znünibox ist nun aber mal aus Plastik. "Die ist nun bereits produziert worden, dann ist es OK, wenn du diese benutzt", hat sie gesagt und dabei ein Gesicht gemacht, als ob sie gerade in eine Zitrone gebissen hätte. Ich bin seither etwas verwirrt. Kommt NACHHALTIG denn nicht von "nach hallen", also etwas, das lange nachhallt. So wie ein Furz, der bereits nicht mehr klingt, aber dennoch lange stinkt? Oh, das hat sich gereimt, was für ein Zufall...
Zuhause bin ich nun offiziell die Nachhaltigkeits-Beauftragte. Das findet Papi sau doof und Mami ist auch nicht gerade begeistert. Haushaltspapier ist bereits von mir gestrichen worden. Es werden nur Putzlappen aus Baumwolle (natürlich aus fairem Anbau) verwendet. Der samstägliche Autowaschtag konnte ich bereits auf einen im Monat reduzieren. Dabei habe ich festgestellt, dass Papi dann an den anderen Samstagen mehr Zeit für mich und Mami hat. Darum gehen wir nun auch zu Fuss zum Einkaufen. Papi schleppt danach alles nach Hause. Das tut ihm gut, denn er müsste sowieso auf seine Figur achten. Das verschafft ihm mehr Bewegung und das ist nachhaltig. Ich konnte Mami und Papi auch davon überzeugen, dass ich ein eigenes Zimmer brauche. Bisher teilten meine Schwester und ich ein Zimmer. Das versuchte man mir als Nachhaltigkeit zu "verkaufen", denn man würde den vorhandenen Raum besser nutzen, wenn zwei diesen teilen würden. Dass meine Schwester und ich aber weniger streiten würden, hätten wir jeweils ein eigenes Zimmer und dadurch Mami und Papi weniger Nerven brauchen, hat sie schliesslich überzeugt. OK, es war dann noch ein kleiner "Hungerstreik" und etwas "Liebesentzug" nötig, aber will man der Welt was Gutes tun, muss man auch Engagement zeigen!
Nun habe ich mich zusammen mit meiner Schwester entschlossen, dass wir auch an der Fasnacht nachhaltig sein wollen. Wir lassen unsere "Zeedel" nicht mehr drucken. Das tut uns natürlich für den Drucker leid, der unseren Auftrag verliert, aber wir freuen uns, ein paar kleine Bäumchen und ganz viele andere Ressourcen gespart zu haben. Mal sehen wie das ankommt. Nachhaltigkeit braucht etwas Zeit und es ist anstrengend. Das sagte Papi, beim letzten Grosseinkauf, als er die fünf grossen Taschen nach Hause tragen durfte. Mami sagte dann, dass Papi schon immer "nachtragend" war und endlich hat sie auch was davon. Dass Mami, meine Schwester und ich daraufhin laut lachten, quotierte Papi mit einem: "Scheiss Nachhaltigkeit!"

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